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Der Raum der Angst
Die Timberley Road war eine dunkle, finstere Straße. Die
Häuser dort waren alle verfallen und modrig, der Lack blätterte von den Türen
und die einzigen Bewohner dieser kleinen, schmutzigen Straße in Clarc Village
waren Ratten, Eulen und Käfer. Es gab jedoch ein Haus
in dieser Straße, da trauten sich nicht eimal mehr die
Ratten und Mäuse hin, so sehr hingen Finsternis und Bösartigkeit wie dunkle
Wolken eines heranziehenden Sturmes über dem alten Gemäuer, das in Anbetracht
dessen, dass es schon so lange leer stand, erstaunlich gut erhalten war. Eines
Tages kam Tom in die Timberley Road. Er hatte mit seinem Freund Jimmy Tender
gewettet, dass er es schaffen würde, etwas aus dem
gruseligsten Haus der Straße zu entfernen
und an einen geheimen Treffpunkt mitzubringen. Sollte Tom
die Wette gewinnen, würde er sich über das neue Tomb-Raider-Spiel freuen
können. Für Jimmy wäre im Falle eines Wettsieges ein neuer Fußball von Adidas
herausgesprungen. Im Moment interessierte Tom sich allerdings herzlich wenig
für Jimmy Tender, denn beim Anblick des Straßenschildes,dass
von Schimmel überzogen vollkommen windschief neben einer
Reihe von Häusern stand, die, sich in einem ebenso schlechtem Zustand befindend
wie das Straßenschild, aussahen wie Erfrierende, zusammengekauert und
aneinandergedrängt in Gärten mit verwelkten Blumen am Rande der öden und
eintönigen Straße standen, wurde ihm langsam mulmig. Es überkam ihn eine
merkwürdige Finsternis, und das Gehen fiel ihm schwer, so als wate er durch
eine Art zähen Nebel der undurchdringlich war, wie eine unsichtbare Barriere
der Bekümmertheit. Als er vor dem Haus Nummer dreizehn am Ende der Straße
stand, das ihm nicht nur am gruseligsten von allen Häusern der Timberley Road,
sondern auch als jenes Haus erschien, dass man ohne Probleme betreten konnte,
ohne dass es einem gleich wie ein Kartenhaus über dem Kopf zusammenfiel,
erzitterte er in dem ständigen Wind, der um das Haus herumwehte. Je näher er
dem schwarzen Holzzaun kam, der sich wie eine glänzende Natter um Nummer
dreizehn ringelte, desto stärker wurde das Gefühl, das ihn schon am Anfang der
Straße beschlichen hatte. Tom kletterte über den Zaun und trat auf die hohe Tür
zu, deren schwarzer Lack in der tief einfallenden Sonne des Herbstnachmittages
matt schimmerte. Er war überrascht, sie unverschlossen vorzufinden. Tom legte
die Hand auf den Messingtüknopf, drückte die Tür auf und trat ein. Er befand
sich in einem düsteren, muffig riechenden Flur, an den dreizehn Türen
angrenzten, die er nacheinander ausprobierte. Sie waren alle verschlossen,und
je näher er der Tür am Ende des Flures kam, desto schneidender wurde die Kälte
und die Angst stahl sich mit jedem Schritt, den er tat, weiter aus einem
entlegenen Winkel seines Gehirns in sein Unterbewusstsein. Als er seine mittlerweile zitternde Hand hob, um
die Tür aufzustoßen, drang ihm die Angst durch alle Knochen, und das Gefühl
drückte auf seinen Brustkorb und raubte ihm den Atem. Panik flackerte in seinen
Augen und er erwog umzukehren, doch er konnte nicht. Etwas in ihm wollte
unbedingt wissen, was sich hinter der Tür befand, also nahm er all seinen Mut
zusammen und drehte den Schlüssel um, der glücklicherweise steckte. Er nahm
sich Zeit dafür, denn er konnte den Fluchtreflex nur mühsam unterdrücken. Tom
drückte die Tür auf und zuckte sofort zurück. Im schwächer werdenden Srahl
seiner Taschenlampe sah er einen kleinen Raum, kaum sechs oder sieben
Quadratmeter groß. In dem Raum stand ein einzelner Tisch, und auf dem Tisch
stand ein großes Glas, bis an den Rand gefüllt mit einer samtigen, dunkelroten
flüssigkeit, die im schwachen Licht floureszierte. Wände, Boden und Decke waren
mit einer eigenartigen, teerähnlichen Substanz bedeckt. Tom hatte genug gesehen
und wollte weglaufen, doch die merkwürdige Anziehungskraft, die von dem Glas
ausging, zog ihn langsam in den Raum hinein. Plötzlich stolperte er undfiel mit
dem Gesicht in das Glas. Tom schrie, doch niemand hörte ihn. In seinem Kopf
dominierte die Angst alle höheren Hirnfunktionen, und er war unfähig,
irgendetwas zu tun. Er empfand nur noch Angst, unglaublich viel Angst. Im
nächsten Moment fühlte er sich körperlos und leicht, doch die Angst war nicht
verschwunden. Tom besah sich den Raum, doch er war fensterlos und es gab keine
andere Möglichkeit, zu entkommen, denn die Tür war zugefallen. Er versuchte,
gegen den immer stärker werdenden Sog anzukämpfen,der ihn Stück für Stück in
die Richtung des Glases zog. Schließlich hatte er keine Kraft mehr und gab auf.
Tom wurde in das Glas gezogen, und die Welt wurde erneut schwarz.
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